Hier sei ein hochkomplexes Geschehen in eigenen und einfachen Worten widergegeben:
Unser Gehirn hat zwei Hälften, und diese Hirnhälften arbeiten arbeitsteilig. Ganz grob gesagt, ist die linke Gehirnhälfte auf lineares und analytisches Denken spezialisiert, setzt gerne Dinge logisch aneinander und schlussfolgert systematisch und kausal. Sie ist gut darin, Struktur zu stiften, Gesetzmäßigkeiten zu erkennen und zu nutzen. Beim Verknüpfen geht sie vernünftig, also rational vor. In der Musik ordnet sich die linke Gehirnhälfte dem Rhythmus und der Zeit zu (inklusive dem Zählen!).
Die rechte Hirnhälfte dagegen nimmt in Situationen leicht „alles auf einmal“ wahr, sieht also ganzheitlich. Sie ist bezogen auf den gegenwärtigen Augenblick und beherbergt das tonale Gedächtnis. Die rechte Gehirnhälfte verknüpft Phänomene räumlich anstatt linear, also in Formen und Mustern, und steht in engem Austausch mit unserer Intuition. Sie geht gerne kreisförmig vor und kommt im Arbeitsprozess oft zu Lösungen, die als wirklich neu, ja, als schöpferisch bezeichnet werden können; weil die Fantasie für diese Seite das Arbeitsmittel ist.
Die spezialisierten Leistungen beider Hälften ergeben zusammen, was wir tun.
Diese Hirnhälften korrespondieren mit jeweils einer Hand; da die Natur gerne sich überkreuzende und sich spiralförmig drehende Dynamiken geschaffen hat, korrespondiert die rechte Hirnhälfte mit der linken Hand, und die linke Hirnhälfte mit der rechten Hand. Das ist immer so. Da aber bei jedem Menschen immer nur eine der Gehirnhälften impulsgebend ist und im Gesamtprozess die größere Rolle spielt, hat auch jeder Mensch nur eine Hand, die prädestiniert ist, für sein Handeln den Ton anzugeben. Diese sogenannte Hirnhälftendominanz ist genetisch festgelegt und nicht umkehrbar, umlernbar oder umerziehbar. So ist beispielsweise bei eineiigen Zwillingspaaren üblicherweise der eine Zwilling rechts-, der andere linkshändig; natürlich nur, sofern nicht um-erziehend eingegriffen wird.
Ich selbst wähle für diese Grundprägung lieber das Wort „prädestiniert“ statt „dominant“, da mir der Begriff der Dominanz nicht so gut gefällt. Ein Einteilen der Hände in dominant und untergeordnet, in Schwarz und Weiß, in gute Hand und böse Hand scheint mir nicht immer hilfreich. Manche Menschen spüren den Druck, wenn sie ihre bisher verschüttete Händigkeit entdecken, alles sofort mit der bisher zu kurz gekommenen Hand machen zu wollen, was oft zu Überforderung und zu neuer Verengung und letztlich Leiden führt. Meine Erfahrung hat gezeigt, dass, wenn eine verschüttete Hirnhälften- und Handprägung erst einmal zu Bewusstsein und ans Licht gekommen ist, sich tausendfache Facetten und Möglichkeiten eröffnen, sie auszugestalten.
Welche Hand also für welche Tätigkeit deine Lieblingshand ist, das kommt aus deinem Innersten (hier: Gehirn) und hat erstmal nur mit deinem Innersten etwas zu tun. Mit diesem Innersten, wo Hirn und Neuronen und Emotionen und Synapsen dich dazu bringen, etwas Bestimmtes jetzt sofort SO zu tun, einfach weil es aufregend ist und dich glücklich macht.
Ein Beispiel: Das Baby schwingt die Rassel mit Händen und Füßen, Mund und allem, was es bewegen kann, weil es vom Klang und von der Haptik und dem ganzen Rassel-Erleben fasziniert ist; aber bald wird es mit einer Hand länger und schöner rasseln als mit der anderen und auch länger als mit seinen Füßen; dies ist die Hand, mit der es rasseln sollte. Punkt. So wollte es der Schöpfer. Nimmst du dem Baby aber jetzt die Rassel aus der Hand und legst sie ihm oft genug in die andere, nimmst du ihm den größten Teil seiner Rassel-Lust. Lernen wird es dennoch sehr schnell, und zwar: dass du es so möchtest. Dass sein erstes Gefühl nicht richtig war.
Und schon ist es passiert: die Verbindung zwischen Hand(eln) und Selbst(sein) wurde gestört. Wer der Meinung ist, dass „sowas heutzutage doch nicht mehr geschieht“, der ist eingeladen, genauer hinzusehen. Mehr dazu in „Umerziehen 1-3“.